Aneurysma
Bei einem Aneurysma kann die Wand einer Arterie an einer Stelle dem Blutdruck im Gefäß nicht mehr standhalten und beult sich ähnlich einem aufgeblasenen Luftballon aus. Da an dieser Stelle die Wand geschwächt ist, kann es hier auch zu einer Zerreißung der Wand kommen wodurch sich meist eine Blutung an der Hirnoberfläche ausbildet. Bei einer solchen Blutung kommt es typischerweise zu schlagartig einsetzenden, extrem starken Kopfschmerzen. Eine solche Blutung stellt eine lebensbedrohliche Erkrankung dar und es muss unbedingt sofort der Notarzt über die Rettungsleitstelle gerufen werden. Da in der ersten Zeit nach einer Blutung ein hohes Risiko besteht, dass es zu einer Nachblutung kommt, welche die Situation noch weiter verschärfen würde, muss ein geblutetes Aneurysma innerhalb der nächsten 24 Stunden versorgt werden.
Manche Aneurysmata machen sich auch aufgrund ihrer Größe bemerkbar, indem sie z.B. auf Hirnnerven drücken, die die Augenbewegung koordinieren, was dann wiederum zu Doppelbildern führen kann. Auch in solchen Fällen sollte eine Behandlung erfolgen.
Etwa 3,2% der Bevölkerung haben ein solches Aneurysma. Somit haben in der Bundesrepublik ca. 2,62 Millionen Menschen ein Aneurysma. Das Risiko einer Blutung hängt sehr von der Größe und dem Ort des Aneurysmas und von seinem Aussehen ab. Aneurysmata der mittleren Hirnschlagadern von weniger als 7mm haben z.B. ein jährliches Rupturrisiko von nur ca. 0,1 – 0,5%. Bei einem Aneurysma an der vorderen oder hinteren Verbindungsarterie verdoppelt sich das Risiko. Ein 76fach erhöhtes Risiko besteht bei einem Durchmesser von mehr als 24mm – dies entspricht einem Risiko von bis zu 33% pro Jahr! Daher wird bei zufällig entdeckten Aneurysmata in Abhängigkeit vom jeweiligen Einzelfall entschieden, ob man das Aneurysma zunächst beobachten kann, oder ob eine Behandlung durchgeführt werden sollte.
Der technologische Fortschritt der letzten Jahre hat der Interventionellen Neuroradiologie gleich mehrere Verfahren beschert, mit welchen Aneurysmata behandelt werden können. Das wichtigste Verfahren ist das sogenannte Coiling. Dabei wird ein winziger Mikrokatheter bis in das Aneurysma vorgeführt. Durch diesen werden dann dünne Platinfäden (häufig in Spiralform, daher „Coils“) vorgeschoben, bis das Aneurysma so weit wie möglich ausgefüllt ist. Dadurch wird die Belastung der Aneurysmawand verringert und das Risiko einer Zerreißung minimiert. Bei besonders breiten Aneurysmata kann es erforderlich sein, mit einem Stent, einer Art Röhrchen aus Maschendraht, wie mit einem Zaun die Coils daran zu hindern, das Gefäß einzuengen. Eine weitere Methode sind die sogenannten Flow Diverter – dies sind Stents mit besonders engen Maschen, die eine Ausrichtung des Blutstroms im eigentlichen Gefäßverlauf bewirken und so den Druck im Aneurysma reduzieren, so dass sich das Aneurysma zurückbildet. Als ultima Ratio kann es in Einzelfällen erforderlich sein, die erkrankte Arterie komplett zu verschließen. Da sich an der Basis des Gehirns Querverbindungen zwischen den Hirnarterien befinden, ähnlich einem Kreisverkehr, kann der Ausfall der Blutversorgung dieses einen Gefäßes meist kompensiert werden.
Da sich Vor- und Nachteile der jeweiligen Methoden je nach Art und Ort des Aneurysmas unterscheiden, wird die optimale Behandlungsweise in einer interdisziplinären Konferenz zwischen der Interventionellen Neuroradiologie, der Neurochirurgie und der Neurologie abgestimmt und dem Patienten entsprechend vorgeschlagen. Dieser kann sich dann nach Abwägung aller Informationen frei für eine Methode entscheiden.