Portrait Professor Elke Jäger

30 Jahre im Kampf gegen Krebs

Seit 1992 prägt Prof. Dr. med. Elke Jäger die Klinik für Onkologie und Hämatologie am Krankenhaus Nordwest. Drei Jahrzehnte, in denen es bei den therapeutischen Behandlungsmöglichkeiten für Tumorpatienten gewaltige Fortschritte gegeben hat. Auch dank Jägers Engagement.

Kann man Onkologen mit Sportlern vergleichen? Durchaus, sagt Prof. Dr. med. Elke Jäger (61) – nämlich mit einem Ruder-Mannschaft: „Die gewinnt nur dann, wenn sich das Team aufeinander einlässt, im selben Takt auf ein gemeinsam definiertes Ziel hinrudert und den Kommandos des Steuermanns folgt. Und das ist es, was Sie auch in der Onkologie machen müssen.“ Jäger muss es wissen: Seit 30 Jahren engagiert sie sich in der Klinik für Onkologie und Hämatologie am Krankenhaus Nordwest, seit 2003 als Chefärztin. Drei Jahrzehnte, in denen sich die Einrichtung zu einer der größten und bedeutendsten Onkologie-Kliniken im Rhein-Main-Gebiet entwickelt hat. Seit 2009 ist sie zusammen mit dem Universitätsklinikum Frankfurt onkologisches Exzellenzzentrum, gefördert von der Deutschen Krebshilfe.

Ein Wachstum, das eng mit der Entwicklung der Onkologie selbst zusammenhängt. Als sie Mitte der 1980er-Jahre in der Mainzer Universitätsklinik ihre Facharztausbildung im Bereich Innere Medizin begonnen habe, „da gab es das Fach Onkologie gar nicht“, erinnert sich Elke Jäger. Damals arbeitet sie in der Klinik für Gastroenterologie und begegnet dort auch Menschen, die schwer an Magenkrebs oder Dickdarmkrebs leiden. Ihre Not lässt der angehenden Internistin keine Ruhe. Als ein damaliger Oberarzt 1992 ans Krankenhaus Nordwest wechselt, um hier als Chefarzt die Klinik für Onkologie aufzubauen, geht sie mit, als Oberärztin.

In jenen Monaten bringt sie auch ihr zweites Kind zur Welt. Kinder haben und als Medizinerin arbeiten – das sei damals eigentlich unmöglich gewesen, sagt sie. Doch Elke Jäger lässt sich nicht entmutigen. Schon als Kind sei sie zu Leistungsbereitschaft erzogen worden, „das steckt einfach in mir drin“. Bei jeder ihrer drei Schwangerschaften arbeitet sie „bis in den Kreißsaal hinein“ und kehrt nach acht Wochen Mutterschutz wieder in die Klinik zurück. Dank der Unterstützung der Familie und guter Betreuung, die sie für ihre Kinder organisiert, gelingt ihr das.

In Frankfurt stürzt sie sich voller Enthusiasmus in die Arbeit. Setzt sich für die Schaffung einer onkologischen Ambulanz und einer Palliativstation ein – „wir waren das erste Krankenhaus in Hessen, das 1996 eine Palliativstation eröffnet hat“. Eine Abteilung, die der ausgebildeten Palliativmedizinerin besonders am Herzen liegt. In den folgenden Jahren erlebt sie mit, wie sich die Möglichkeiten in der Krebstherapie verbessern. Auch dank des klinisch-immunologischen Forschungslabors im Krankenhaus Nordwest. Hier kann sie unter anderem Immunreaktionen untersuchen, die einzelne Krebspatienten gegen Tumore entwickeln, und daraus antigenspezifische Immuntherapien erzeugen – ein Fachgebiet, in dem sie sich 1997 habilitiert. Inzwischen werde das im Krankenhaus Nordwest auch als Therapie angeboten, sagt sie: „Dafür kommen Menschen aus der ganzen Welt zu uns.“

Bei den Behandlungen setzt sie nicht nur auf medizinische Therapien. Seit Jahren gibt es für Tumorpatienten am Krankenhaus Nordwest zahlreiche Sportangebote – übrigens auch Rudern. Um dieses Programm zu finanzieren, gründet Elke Jäger – selbst begeisterte Sportlerin – 2005 die Stiftung „Leben mit Krebs“. Diese unterstützt inzwischen noch andere Aktivitäten. Etwa die Reihe „Kunst zum Leben“ in Zusammenarbeit mit dem Städel-Museum, in der Teilnehmer auch künstlerisch tätig werden können. Seit einigen Jahren widmet sie sich einem weiteren Thema: wie umgehen mit den existenziellen Krisen, die die Diagnose Krebs auslösen kann? Seit 2017 gibt es deshalb die Vortragsreihe „Um Leben und Tod, Hoffnung und Mut“.

Den Patienten als Gesamtpersönlichkeit zu sehen und sich gut um ihn zu kümmern – das treibe sie an, sagt sie irgendwann. So sehr, dass sie 2005 sogar einen Ruf an die Universität Heidelberg ablehnt, wo sie die Leitung des ersten Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen übernehmen soll. Ein begehrter Posten. Doch sie ahnt, dass damit auch viel politische Arbeit verbunden ist und dass ihr kaum noch Zeit bleiben würde für Krebskranke. Ihre Absage hat sie nie bereut. Auch wegen der optimalen Arbeitsbedingungen am Krankenhaus Nordwest: „Ich kann mir kaum einen Ort vorstellen, wo man besser Onkologie betreiben kann.“