Krankenhaus Nordwest beteiligt sich am nationalen Aktionstag Adipositas "save a life day"

Informationstand im Eingangsbereich des Krankenhauses am 25. Mai

Das Krankenhaus Nordwest beteiligt sich mit seinem Adipositaszentrum am nationalen Aktionstag „save a life day“ gegen Adipositas am Mittwoch, dem 25. Mai 2016 mit einem Informationsstand im Eingangsbereich des Krankenhauses. Die Leiterin des Adipositaszentrums, Dr. med. Sylvia Weiner, wird in einem Vortrag für niedergelassene Ärzte über konservative und chirurgische Behandlungsmethoden des krankhaften Übergewichts um 16.00 Uhr berichten. Der nationale Aktionstag wird von der Arbeitsgemeinschaft Adipositaschirurgie (CAADIP) der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) initiiert und vom Bundesgesundheitsministerium unterstützt. Er findet bundesweit an den 43 zertifizierten Zentren für Adipositaschirurgie und an vielen weiteren Kliniken statt.

Krankhaftes Übergewicht gehört zu den größten Epidemien des 21. Jahrhunderts und stellt unsere Gesellschaft und unser Gesundheitssystem vor riesige Probleme. In Europa hat sich die Zahl der übergewichtigen Menschen in den letzten 30 Jahren verdreifacht, und nach aktuellen Hochrechnungen werden im Jahr 2030 über 50 Prozent der Europäer übergewichtig sein.

Komplexes Krankheitsbild mit schwerwiegenden Folgen
In weiten Teilen der Bevölkerung, aber auch bei vielen Betroffenen besteht ein Informationsdefizit über den Zusammenhang zwischen Adipositas und schwerwiegenden Folgeerkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Schlafapnoe und bestimmten Krebserkrankungen. Das Verständnis über Adipositas als komplexe und chronische Erkrankung soll in Deutschland durch den nationalen Aktionstag erhöht werden,

Überschreitet die Körperfettmasse ein kritisches Maß, ist der Krankheitswert der Adipositas durchaus einer Krebserkrankung gleichzusetzen, wobei diese als unverschuldete Erkrankung wahrgenommen wird. Hingegen ist krankhaftes Übergewicht stigmatisiert und mit geringer gesellschaftlicher Akzeptanz behaftet. Dies hat für Patienten oft einen sozialen Rückzug, verbunden mit einer erhöhten Anfälligkeit für psychische Erkrankungen zur Folge.

Diese und viele weitere wissenschaftlich bewiesene Faktoren haben in der von der Arbeitsgemeinschaft Adipositaschirurgie (CAADIP) der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) erstellten AWMF S3 Leitlinien Eingang gefunden. Das Stufenkonzept zur Behandlung der Adipositas kann nur nachhaltige Wirkung erzielen, wenn die Umsetzung auf breiter Basis erfolgt, was derzeit nicht der Fall ist.

Konservative Behandlung ist „Nadelöhr“ in der leitliniengerechten Therapie
Leitliniengerecht müssen Patienten mit einem Bodymassindex (BMI) ab 35 bei vorliegenden relevanten Folgeerkrankungen (z.B. Diabetes) und ab einem BMI von 40 nach Ausschöpfung der konservativen Therapiemöglichkeiten einer Operation zugeführt werden. Die oft geforderte „multimodale“ Therapie, also die Einbeziehung von Ernährungstherapie, Bewegungstherapie und psychologischer Beratung unter ärztlicher Betreuung über eine Dauer von sechs Monaten stellt ein „Nadelöhr“ in diesem Prozess dar.

Viele Patienten haben keinen Zugang zu einer konservativen Therapie und können sich daher auch in keiner Weise für einen späteren, leitliniengerechten, chirurgischen Eingriff qualifizieren. Derzeit kann der Hausarzt den Patienten nicht  flächendeckend in eine Schwerpunktpraxis überweisen  und  es stehen keine multimodalen Konzepte mit ausreichender Kapazität als Kassenleistung zur Verfügung. Sind solche Programme vorhanden, können sie nur bei Zuzahlung durch den Patienten besucht werden.

So verwundert es nicht, dass in Deutschland trotz seiner sehr hohen Prävalenz der schweren Adipositas nur eine vergleichsweise geringe Anzahl an adipositaschirurgischen Operationen durchgeführt wird. Deutlich unter dem europäischen Durschnitt von 18 Operationen werden hierzulande lediglich ca. 12 Operationen pro 100 000 Einwohner durchgeführt, im angrenzenden Belgien sind es beispielsweise zehnmal so viele.

Geringe Bereitschaft zur Kostenübernahme durch Krankenkassen
Die rechtlich nicht hinterlegte, aber gängige Regel der Einzelfallbewertung vor Erteilung der individuellen Kostenübernahme durch die Krankenkassen hat mit zu diesem sehr erschwerten Zugang zur nachweislich effektivsten Therapie der schweren Adipositas geführt. Selbst leitliniengerechte Indikationen werden nicht selten von den Kostenträgern abgelehnt.

Verschlimmert und unverständlicher wird die Situation für Patienten und die behandelnden Ärzte durch die Tatsache, dass regional sehr große Unterschiede in der Bewertung durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen erfolgt. So schwankt die Anzahl der durchgeführten Eingriffe pro 100 000 Einwohner zwischen drei (Saarland) und 48 (Berlin), obwohl die Inzidenz der schweren Adipositas ähnlich verteilt ist.

Dies kann und hat bereits dazu geführt, dass Patienten nicht operiert werden konnten und an ihren Nebenerkrankungen verstorben sind. Die Beteiligten Akteure in der Behandlung der krankenhaften Adipositas möchten mit dem nationalen Aktionstag Adipositas „save a life day“ am 25.05.2016 ein Zeichen setzten und die Aufmerksamkeit auf dieses wichtige Thema lenken.